ESOC CinéClub Geschichte

 07.02.2025

Der Ciné-Club im ESOC wurde von Serge Rodgold in den 70er Jahren gegründet. Zu dieser Zeit war es nicht einfach, Filme aus Frankreich und Belgien in Darmstadt zu sehen. Es gab weder Kabel- noch Satellitenfernsehen mit internationalen Programmen, keine DVD oder Blu-ray und erst recht noch kein Streaming. Zu dieser Zeit waren die Kollegen aus dem Ausland nicht zuletzt deshalb viel stärker isoliert als heute.

Zum Start sorgten große Rollen 16mm-Film für großes Vergnügen bei den frankophonen (und -philen) Zuschauern in der Kantine des ESOC. Alain Schütz war einer der Freiwilligen, der über längere Zeit involviert waren, zu seiner Zeit kamen Videokassetten, die auf eine Leinwand in einem kleinen Zimmer im ESOC projiziert wurden.

Als Gerard Servoz den Ciné-Club übernahm, fand er es schade, dass Französischsprachige Filme nur für Club-Mitglieder und ihre Familien bei der ESOC zugänglich waren. Er wollte allen Einwohnern Darmstadts Französische Filmkultur nahebringen. In den frühen 90er Jahren übernahm er deshalb die Initiative, eine Zusammenarbeit mit dem Studentischen Filmkreis an der Technischen Universität Darmstadt ins Leben zu rufen. Von diesem Zeitpunkt an wurden Filme nicht nur auf 35mm-Film gezeigt, der Filmclub nahm auch die Form an, wie man ihn heute kennt. Durch ihn entstand nicht nur das Logo, sondern auch die Tradition der kleinen Schokolade als Willkommensgeschenk bei den Vorführungen.

Als Gerard 2007 leider viel zu früh starb, übernahm Fabienne den Ciné-Club. Unter ihrer Zeit kam es zum vorerst letzten Wechsel des Filmmediums. 2013 kaufte der Studentische Filmkreis an der TU Darmstadt einen Digitalprojektor, der die Verfügbarkeit von Filmen in Originalsprache mit Untertiteln deutlich erhöhte. Die Zusammenarbeit blieb ein Erfolg, 2023 wurde 30 Jahre gemeinsame Kinoarbeit gefeiert. In diesem Jahr ging aber auch die Zeit von Fabienne als Präsidentin des Ciné-Club zu Ende, mit dem Ruhestand wurde es Zeit das Amt abzugeben.

Simona Nichiteanu übernahm daraufhin das Amt der Präsidentin und schreibt aktuell die Geschichte fort.

Wir freuen uns, dass die ehemaligen Präsidenten ihre Erinnerungen aufgeschrieben haben, diese könnt ihr unten lesen. Und auch wenn diese Seite eben nur die Präsidenten im obigen Text erwähnt, gilt der Dank doch auch all den Freiwilligen, die sich in der Geschichte des Ciné-Clubs engagiert haben.

Erinnerungen von Serge Rodgold

(Gründer des ESOC Ciné-Club):

Es waren die Briten die als erste einen englischsprachigen Filmclub an dem ESOC starteten. Das heißt, als ich dazu kam gab es die Projektion Einrichtungen schon. Ich habe dann das Französisch-Institut in Frankfurt kontaktiert, um Filme in Französisch zu bekommen. Es waren Filme, die der Cinémathèque de la rue d’Ulm und anderen Pariser Testkinos (Huchette, Pagode, Ursulines usw.) würdig waren.

Das Publikum war sehr klein, was eine intime Atmosphäre schaffte. Um die Abende ausklingen zu lassen, brachte ich aus Frankreich, bzw. hauptsächlich Straßburg Baguette und Knoblauchwurst mit. Mit großer Freude, genossen wir diese mit einem Rotwein von zweifelhafterer Qualität. Dies half uns auch dabei ein paar Nicht-Französisch sprechenden Mitglieder zu gewinnen.

Pariser kinobegeisterte Freunde gaben mir die Adresse eines Film-Verleih-Firma, die uns erlaubte neuere Filme zu zeigen. Ich erinnere mich besonders an eine von ihnen. Es war ein sehr lustiger Film über das Rugby-Turnier der fünf Nationen. Es war ein sehr klamaukiger Film und das Thema lockte einige englische Kollegen, die wir mit Sandwiches und einem besseren Wein (Brouilly) tröstetet, weil ihr Team im Film verlor. Weil wir oft auf Mission und damit weg waren, haben sich mehrere Kollegen die Verantwortung für den Verein und die Durchführung geteilt.

Während einer meiner letzten Reisen nach Darmstadt, hörte ich davon, dass es eine ESOC Cine-Club Vorführung gibt. Ich beschloss länger zu bleiben, nur damit ich teilnehmen konnte. Zu dieser Zeit fand der Ciné-Club bereits im Audimax statt. Ich war total überwältigt durch die Anzahl der Zuschauer, die aus Dutzenden, wenn nicht Hunderten bestand. Wunderbar!!!

Erinnerungen von Alain Schuetz

(Präsident des ESOC Ciné-Club von ≈1975 – 1985):

Ich übernahm den Club um 1975. Die Rollen des 16mm Film kamen durch Kuriere am Tag vor der Filmvorführung und musste am nächsten Tag zurückgegeben werden, damit diese zu anderen Clubs in Hessen verteilt werden konnten. Die Vorführungen fanden in der Kantine statt, aber da die verfügbare Anzahl der klassischen Schwarz-Weiß-Filme in Französisch beschränkt war, wurden so ziemlich die gleichen Filme alle zwei bis drei Jahren gezeigt und als Folge sank die Zahl der Zuschauer. Aber mit Fortschritt der Technologie kamen Filme auf Video-Kassetten, die wir in einem kleinen Zimmer in der obersten Etage des Gebäudes Meteosat zeigten. In meiner Erinnerung war es Gerard Servoz der die Kassetten, von einem belgischen Händler erhielt. Auch wenn die Filme neuer war, blieb das Publikum noch ziemlich klein. Im Jahr 1985 gingen Serge und ich dann nach Pasadena / Kalifornien um den ersten Startversuch des Satelliten Ulysses durchzuführen.

Karin Servoz, die Frau von Gerard Servoz

(Präsident des ESOC Ciné-Club von 1985 – 2007) erinnert sich:

Was die Schokolade betrifft war Gerard ein richtiger Gourmet – und sehr originell. Da der Ciné-Club gut lief und Gewinn erwirtschaftete und wir regelmäßig in Belgien waren, kam er auf die Idee, dass der Ciné-Club könnte jedem Besucher ein Stück Schokolade anbieten könnte. Das Motiv war am Anfang eine Kaffeetasse. Nach der Rückkehr einer Geschäftsreise, bei dem ihm ein Kunde Schokolade mit dem Firmenlogo schenkte, dachte Gerard, das könnte er auch für den Club umsetzten. Anlässlich einer Fahrt nach Brüssel hat er sich mit einer kleinen Schokoladenmanufaktur in Verbindung gesetzt, die sich auf die Umsetzung von Firmenlogos spezialisiert hat. Gerard entwarf dazu mit viel Freude das Logo.

Erinnerungen von Fabienne Delhaise

(Präsidentin des ESOC Ciné-Club von 2007 – 2023):

Ich habe die Leitung des Clubs unter sehr traurigen Umständen übernommen. Als Gerard Servoz wusste, dass er den Krebs nicht überleben würde, schickte er eine E-Mail an alle Mitglieder des ESOC und bat um jemanden, der die Leitung des Clubs übernehmen könnte. Da ich schon immer ein Fan des französischen Kinos war, nahm ich seine Einladung an.

Unsere Aufgabe war es, die Filme auszuwählen, sie zu bestellen und zu bezahlen. Um die 9 Filme pro Jahr auszuwählen, sahen wir oft bis zu 20 Filme im Kino, wenn wir in Frankreich oder Belgien waren, und kauften zusätzlich DVDs in Frankreich. Oft haben wir auch Empfehlungen des Filmkreises und unseres Publikums genutzt. Zunächst kamen die 35-mm-Filme auf riesigen Rollen an, die an den Filmkreis* geliefert wurden, der die Vorführung organisierte. Der Filmkreis verkaufte auch die Eintrittskarten, und überwies das Geld auf das Konto des Ciné-Clubs.

Mit diesem Geld konnten wir die wunderbare Idee von Gerard Servoz weiterführen, belgische Pralinen in Form unseres Logos zu verteilen. Diese Pralinen haben wir vor jeder Spielzeit bei der Schokoladenmanufaktur „Concept Chocolate“ in Brüssel abgeholt. Köstlich!

Ende 2013 kaufte der Filmkreis dann einen digitalen Projektor. Von diesem Zeitpunkt an konnte nur noch der Filmkreis die Filme bestellen, die auf einer verschlüsselten Festplatte ankamen, um nur über den Projektor des Filmkreises gezeigt werden zu können. Es machte also Sinn, dass die Studenten die gesamte Finanzverwaltung übernahmen, d. h. die Einnahme der Eintrittsgelder und die Bezahlung der Filmverleiher. Unsere Aufgabe war es weiterhin, die Filme auszuwählen, die Newsletter zu verschicken und die Internetseite zu pflegen sowie jeden Film im Audimax vorzustellen.

Am 13. Dezember 2019 habe ich mich sehr gefreut, Mitglieder des Filmkreises ins ESOC einzuladen. Daniel Werner nahm sie mit auf eine Führung, bevor wir in der Kantine zu Mittag aßen. Wir hatten großes Glück mit dem Zeitpunkt, denn kurz darauf begann die COVID-Sperre und der Filmkreis musste von Anfang 2020 bis November 2021 schließen.

Am 2. Februar 2023 organisierte der Filmkreis einen Sektempfang mit der Vorführung des französischen Klassikers „Le fabuleux destin d’Amélie Poulain“ (siehe Foto) anlässlich des 30-jährigen Jubiläums der Zusammenarbeit zwischen dem ESOC Ciné-Club und dem Filmkreis. Kim und ich wurden mit wunderschönen Blumensträußen beschenkt und fühlten uns wie Könige! Ein herzliches Dankeschön an den Filmkreis!

Im Dezember 2023 wurden Kim Dorin und ich vom Filmkreis als verdiente Bürger der Stadt Darmstadt vorgeschlagen. Am 30. April 2024 erhielten wir die Auszeichnung vom Darmstädter Oberbürgermeister im Rahmen einer Feierstunde in der Orangerie. Vielen Dank an Andreas Holzbeck (siehe Foto) und den Filmkreis!

Da ich nach meiner Pensionierung nach Belgien ziehen werde, habe ich beschlossen, Ende 2023 die Leitung des ESOC Ciné-Clubs abzugeben. Nach vielen Gesprächen innerhalb des ESOC hat Simona Nichiteanu das Amt der Präsidentin übernommen. Wir können uns sehr glücklich schätzen, eine so engagierte und kompetente französische Cineastin gefunden zu haben.

Ich möchte unserem Team aufrichtig danken:

  • Kim Dorin, die mir bei der Auswahl der Filme geholfen und unsere Website gepflegt hat
  • Rachel Majchrzak, unserer Schatzmeisterin
  • Silvia-Beate Rottschäfer und Ulli Gräf, die bei den Übersetzungen ins Deutsche geholfen haben.

Es war ein großes Vergnügen, mit so professionellen, hilfsbereiten und freundlichen Filmkreis-Mitgliedern zusammenzuarbeiten, und ich werde warme Erinnerungen an meine Zeit im ESOC Ciné-Club mit in meinen Ruhestand nehmen.

*Der Filmkreis (Studentischer Filmkreis an der TU Darmstadt e.V.) ist das Unikino der Technischen Universität Darmstadt (TU). https://filmkreis.de